Beständigkeit durch Wandel

| Friedrich Eschwey

Die jüngere Geschichte Schömbergs ist geprägt von der Umstrukturierung des Lungenkurorts zum Heilklimatischen- und Kneipp-Kurort. Im Jahre 1955 hatte der Kurort mit weit über 800.000 Übernachtungen seinen Höhepunkt erreicht. Den größten Einschnitt in seiner Kurortgeschichte hatte Schömberg Ende der 1960ziger Jahre zu verkraften, als die Tuberkulose durch die Entwicklung wirksamer Medikamente fast schlagartig zurückging. Große Sanatorien hatten plötzlich keine Patienten mehr und auch die kleineren privaten Kurheime standen vor dem Aus. Neue Aufgaben und Betätigungsfelder mussten gesucht werden, doch zunächst ein Blick zurück.

Nach dem zweiten Weltkrieg fehlte es dringend an Unterkunftsmöglichkeiten für Tuberkulosekranke, die großen Sanatorien waren überbelegt. In dieser Situation ergriff die Schömberger Bevölkerung die Initiative, baute private Kurheime und richtete in Privathäusern Unterkünfte ein, sodass die Zahl der Krankenbetten rasch auf mehr als 2000 anstieg. Als Begründer des Kurheimsystems gilt der Landarzt Dr. Willi Wahl, der auch der erste Kurarzt in Schömberg war. Schon bald stieg die Zahl der Kurärzte, von denen die Kranken in den privaten Kurheimen betreut wurden, auf sieben an. 1963 schlossen sich die betreuenden Ärzte zum „Kurärzteverein e. V.“ zusammen. Als sich die Lage veränderte wurde daraus der „Ärzteverein e. V.“, dem dann alle Ärzte des Kurortes angehörten. Der beschriebene rasche Rückgang der Tuberkulose stellte auch die Gemeindeverwaltung, die Gewerbetreibenden und die Gastronomie vor die schwierige Aufgabe nach neuen Betätigungsfeldern zu suchen. Zur Unterstützung des Prozesses gründete sich 1965 der Verkehrsverein Schömberg, aus dem der heutige Verein für Tourismus, Handel und Gewerbe Schömberg e. V. hervorging.



Von den privaten Kurheimen blieben einige auf der Strecke, anderen ist die Anpassung gelungen. Als ein Beispiel hierfür soll das Gästehaus Girrbach-Glaser genannt werden, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert. Gegründet als privates Kurheim für TBC-Kranke ist ihm die erfolgreiche Umstellung zum immer gut belegten Gästehaus für Erholungssuchende gelungen und das schon in der zweiten Generation. Andere Kurheime haben sich mit Erfolg zu Altenpflegeheimen gewandelt.

Auch von den großen Sanatorien und Kliniken haben einige überlebt, andere sind von der Bildfläche verschwunden. Das erste und größte Sanatorium, das „Schömberg S1“, wurde zunächst Altenheim, dann Unterkunft für Asylsuchende und 1998 wurde es abgerissen. Aus dem Waldsanatorium Dr. Schröder wurde die heutige Klinik Schömberg, eine weithin anerkannte Fachklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Das ehemalige Sanatorium Schwarzwaldheim der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wandelte sich in eine moderne Rehaklinik. Aus dem Sanatorium Dr. Schliz wurde die Körperbehinderten-Kinderklinik.

Die Volksheilstätte Charlottenhöhe ging zunächst im Berufsförderungswerk Schömberg auf, dann wurde sie kurze Zeit zur Tagespflege alter Menschen umfunktioniert und nun ist sie im Dornröschenschlaf versunken. Aus den Arbeitsheilstätten des Erwin-Dorn-Werkes ging das Berufsförderungswerk Schömberg (BFW) hervor, das mit mehr als 600 Plätzen für berufliche Rehabilitation körperbehinderter Erwachsener zu den erfolgreichsten Einrichtungen dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland zählt.

Die Gemeinde Schömberg hat mit vielerlei Maßnahmen den Umstrukturierungsprozess gemeistert. Der Bau des Höhenwellenbades war eine Herkulesleistung und seine Erhaltung und laufende Modernisierung beansprucht nach wie vor den Haushalt der Gemeinde. Die in den 1970ziger Jahren eingerichteten Trimm-dich- und Waldsport-Pfade sind verschwunden, heute gibt es spezielle Strecken für Radsport und Jogging. Im Winter sind die Skiloipen eine beliebtes Ziel vieler Wintersportler. Die Reitsportanlage und die Tennisplätze erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Zentrum des Kurorts für kulturelle Veranstaltungen und gepflegte Unterhaltung ist jedoch nach wie vor das modernisierte Kurhaus mit seinem schönen Kurpark. Mit seiner Gastronomie und den vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten verfügt Schömberg über eine intakte Infrastruktur, die auch von der Bevölkerung der umliegenden Orte und darüber hinaus gerne genutzt wird.